Erbengemeinschaft ratlos: Ein Erbe wohnt im Haus – Wie sieht es mit der Nutzungsentschädigung aus?
Wenn jemand stirbt und seinen gemeinschaftlichen Erben ein Haus hinterlässt, führt dies häufig zu Problemen. Will die Erbengemeinschaft z.B. das Haus veräußern, müssen sich die Miterben in der Regel einig sein. Aber nicht nur unterschiedliche Verwertungswünsche können zu Problemen führen.
Wohnt ein Miterbe in dem geerbten Haus, sei es, dass er nach dem Erbfall einfach eigenmächtig eingezogen ist, sei es, dass er schon vorher einen Teil des Hauses ohne Mietvertrag bewohnt hat, kann dies ebenfalls zu erheblichen Streitigkeiten führen. In der Regel hat der im Haus wohnende Miterbe andere Wünsche und Vorstellungen über die Verwendung des Hauses und ist möglicherweise mit einem Verkauf nicht einverstanden.
Immerhin können die übrigen Miterben von dem im Haus wohnenden Miterben eine Nutzungsentschädigung verlangen. Ein solcher finanzieller Ausgleich soll die anderen Miterben dafür entschädigen, dass sie die Immobilie nicht nutzen oder vermieten können.
In diesem Artikel informiert Rechtsanwalt Sven Diel über die Nutzungsentschädigung, wenn einer der Miterben in der gemeinsamen Immobilie wohnt, welche Gründe es für das Wohnen im Haus geben kann, warum die Nutzungsentschädigung keine Miete ist und wie die Nutzungsentschädigung berechnet werden kann.
4 Fakten zur Nutzungsentschädigung
- Die Nutzungsentschädigung ist ein finanzieller Ausgleich für den Fall, dass jemand eine gemeinschaftliche Immobilie allein nutzt, ohne dass ein Vertrag zwischen den Parteien besteht. Die Entschädigung dient dazu, die ungerechte Nutzungsverteilung innerhalb der Erbengemeinschaft oder Miteigentümergemeinschaft auszugleichen.
- Die Nutzungsentschädigung ist keine Miete, auch wenn Miete und Nutzungsentschädigung auf den ersten Blick ähnlich erscheinen. Der Nutzungsentschädigung liegt kein Vertrag zugrunde, der Miete liegt ein Mietvertrag zugrunde.
- Die Höhe der Nutzungsentschädigung orientiert sich an der ortsüblichen Vergleichsmiete, d.h. an dem Betrag, den ein Mieter für eine vergleichbare Immobilie in derselben Lage zahlen würde. Dies kann sich aus dem offiziellen Mietspiegel ergeben, aus der Miete für Vergleichsobjekte oder kann durch einen Sachverständigen ermittelt werden.
- Wohnte ein Erbe schon vor dem Erbfall im geerbten Haus und bestand ein Mietvertrag, gilt dieser Mietvertrag auch nach dem Erbfall fort.
Worin besteht das Problem?
Eine Erbengemeinschaft entsteht, wenn der Erblasser stirbt und sein Nachlass aufgrund gesetzlicher oder testamentarischer Erbfolge auf mehrere Erben übergeht. Gehören zum Nachlass ein oder mehrere Immobilien, sind die Verwaltung und Verwertung der Immobilien sowie die Auseinandersetzung des Nachlasses in der Regel rechtlich und tatsächlich kompliziert. Wohnt einer der Erben – aus welchen Gründen auch immer – in der Immobilie, kann die Situation noch komplizierter werden und Unmut unter den Miterben auslösen.
Hierzu ein kleines Beispiel:
„Nach dem Tod der Mutter erben die drei Kinder gemeinsam das elterliche Haus. Das Haus liegt in einer beliebten Wohngegend, und während die beiden Schwestern A und B das Haus verkaufen wollen, um das Erbe zu verwerten, beschließt der Sohn C, in das Haus einzuziehen. Ohne klare Absprache nutzt er das Haus als Wohnsitz und zahlt seinen Geschwistern keine Miete. Die Schwestern A und B fühlen sich benachteiligt, da sie keinen finanziellen Nutzen aus der Immobilie ziehen können und gleichzeitig die laufenden Kosten wie Steuern und Versicherungen mittragen müssen.
Nach einigen Monaten fragen sich A und B, ob sie eine Entschädigung für die Nutzung des Hauses verlangen können. Schließlich hat C einen erheblichen Wohnvorteil, während sie selbst keinen Nutzen aus dem geerbten Haus ziehen.“
Eine ähnliche Situation liegt vor, wenn der Sohn C nach dem Erbfall nicht eigenmächtig eingezogen ist, sondern bereits vor dem Tod der Mutter in dem Haus gewohnt hat oder das elterliche Haus nie verlassen hat. Meistens gibt es keinen Mietvertrag und auch keine Mietzahlungen, da die Eltern manchmal zu Lebzeiten davon profitieren, wenn ein Kind im Haus der Eltern wohnt.
Mögliche Streitpunkte zwischen den Erben
Für den im Haus wohnenden Erben ist es offensichtlich vorteilhaft, wenn er für die Nutzung des Hauses nichts bezahlt hat oder bezahlen muss. Für die anderen Miterben wird dies in der Regel eher zu Konflikten führen, da sie selbst keinen Nutzen oder wirtschaftlichen Vorteil aus dem Haus ziehen können.
Ein weiterer Streitpunkt kann die Verwertung der Immobilie sein. Der Erbe, der im Haus wohnt, kann den Verkauf des Hauses blockieren. Damit eine Immobilie verkauft werden kann, müssen alle Miterben einer Erbengemeinschaft zustimmen. Ist dies nicht der Fall, ist ein Verkauf nicht ohne weiteres möglich.
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Warum wohnt ein Erbe im Haus?
Innerhalb von Familien kann es unterschiedliche Konstellationen geben, warum ein Erbe nach dem Erbfall in dem Haus wohnt, das der Erbengemeinschaft gehört. Dabei sind verschiedene Fälle zu unterscheiden:
Erbe zieht nach dem Erbfall ein: Will ein Erbe nach dem Erbfall in die Immobilie einziehen, müsste er dies mit der Erbengemeinschaft klären und vereinbaren. Zieht er jedoch eigenmächtig ein, besteht grundsätzlich kein Rechtsgrund für die Nutzung der Immobilie. Dementsprechend wäre eine Nutzungsentschädigung an die Erbengemeinschaft zu zahlen.
Erbe hat bereits vor dem Erbfall in der Immobilie gewohnt: Auch wenn der Erbe bereits vor dem Erbfall in der Immobilie gewohnt und z.B. an die Eltern oder den verbleibenden Elternteil keine Miete gezahlt hat, besteht nach dem Erbfall und dem Übergang der Immobilie auf die Erbengemeinschaft ebenfalls kein Rechtsgrund mehr für die Nutzung der Immobilie. Auch in diesem Fall müsste der in der Immobilie wohnende Erbe eine Nutzungsentschädigung an die Erbengemeinschaft zahlen, wenn keine andere Vereinbarung in Betracht kommt. Etwaige letztwillige Verfügungen sind jedoch zu beachten.
Erbe hat Mietvertrag: Wenn ein Erbe bereits vor dem Erbfall einen Teil des Hauses bewohnt hat, z.B. eine Etage oder eine Wohnung, kann ein Mietvertrag zwischen den Eltern und dem Erben bestanden haben. Ein solcher Mietvertrag, der eine Mietzahlung vorsieht, bleibt im Erbfall bestehen und wirkt gegenüber der Erbengemeinschaft. Es besteht dann eine Rechtsgrundlage für die Nutzung. Ähnliches gilt, wenn der Erbe nach dem Erbfall als Mieter in die Immobilie einzieht und mit der Erbengemeinschaft einen Mietvertrag abschließt.
Ein Elternteil wohnt noch im Haus: Haben die Eltern kein Testament gemacht, entsteht die Erbengemeinschaft durch gesetzliche Erbfolge. Je nach Güterstand erbt der überlebende Ehepartner / Elternteil die Hälfte des Nachlasses, die Kinder gemeinsam die andere Hälfte. Es entsteht eine Erbengemeinschaft und es hängt nun von den familiären Verhältnissen ab, wie sich die Kinder und der Elternteil über die Nutzung oder Verwertung des Hauses einigen. Liegt ein Berliner Testament vor und haben sich die Eltern zu Alleinerben eingesetzt, können die Kinder trotz Berliner Testament von dem lebenden Elternteil den Pflichtteil verlangen. Zwar kann das Berliner Testament hierfür eine Pflichtteilsstrafklausel enthalten. Die Geltendmachung des Pflichtteils führt jedoch häufig dazu, dass die Immobilie verkauft werden muss und der überlebende Elternteil nicht mehr darin wohnen kann.
Was ist eine Nutzungsentschädigung?
Das Zivilrecht kennt den Begriff der Nutzungsentschädigung an verschiedenen Stellen. Wird beispielsweise ein Mietvertrag gekündigt und zieht der Mieter nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht aus, so hat er für die weitere Nutzung der Mietsache bzw. für die dem Vermieter entgangene Nutzungsmöglichkeit gemäß § 546a BGB eine Nutzungsentschädigung in Höhe der ursprünglichen Miete zu zahlen. Da das Mietverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist beendet ist, tritt die Nutzungsentschädigung an die Stelle des Mietzinses.
Die Nutzungsentschädigung ist also ein finanzieller Ausgleich für die entgangene Nutzung einer Sache, z.B. einer Immobilie, den derjenige schuldet, der die Sache nutzt. Grundgedanke der Nutzungsentschädigung ist eine gerechte Verteilung der Vorteile, die aus der Nutzung einer Sache entstehen. Dies kann z.B. bei einer gemeinsam geerbten oder erworbenen Immobilie der Fall sein (Eigentümergemeinschaft oder Erbengemeinschaft).
Im Erbfall wird eine Nutzungsentschädigung dann relevant, wenn der beschriebene Fall eintritt, dass mehrere Miterben gemeinsam eine Immobilie erben, aber nur einer von ihnen diese bewohnt oder nutzt, ohne dass die anderen Miterben ebenfalls davon profitieren. Die Nutzungsentschädigung soll dann den anderen Miterben einen finanziellen Ausgleich für den entgangenen Nutzen bieten, den sie durch die Nutzung der Immobilie durch nur einen Miterben nicht erhalten.
Ist eine Nutzungsentschädigung eine Miete?
Eine Nutzungsentschädigung ist rechtlich gesehen keine Miete, auch wenn auf den ersten Blick Ähnlichkeiten bestehen. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass die Miete auf einem Mietvertrag beruht, während die Nutzungsentschädigung keinen Mietvertrag voraussetzt. Ein Mietvertrag ist eine Vereinbarung zwischen dem Vermieter und dem Mieter, durch die der Mieter das Recht erwirbt, eine Immobilie gegen Zahlung eines bestimmten Mietzinses zu nutzen. Der Erbe, der eigenmächtig in die gemeinsame Immobilie einzieht, hat kein solches Recht.
Im Gegensatz dazu ist eine Nutzungsentschädigung kein Vertrag. Sie entsteht, wenn ein Miterbe in einer Erbengemeinschaft ein gemeinsam genutztes Grundstück allein nutzt, ohne dass die anderen Miteigentümer oder Miterben davon profitieren. Die Nutzungsentschädigung dient in diesem Fall als finanzieller Ausgleich, um die anderen Miterben oder Miteigentümer für die entgangenen Nutzungsvorteile zu entschädigen.
Während der Mietzins vertraglich vereinbart wird und rechtlich auf einem Mietvertrag beruht, wird die Nutzungsentschädigung oft nachträglich verlangt, wenn keine klare Vereinbarung über die Nutzung getroffen wurde oder keine solche Absprache möglich ist. Eine solche Nutzungsentschädigung wird aber nicht automatisch fällig, sondern erst dann, wenn die anderen Miterben den im Haus wohnenden Miterben dazu auffordern. Dies kann jeder andere Miterbe im eigenen Namen für die Erbengemeinschaft tun. Alternativ kann auch eine Vereinbarung der Erbengemeinschaft über die Nutzungsentschädigung mit dem im Haus wohnenden Miterben getroffen werden.
Wie berechnet man die Nutzungsentschädigung für ein Haus?
Die Nutzungsentschädigung orientiert sich in der Regel an der ortsüblichen Vergleichsmiete, d.h. an dem Betrag, den ein Mieter für eine vergleichbare Immobilie in derselben Lage zahlen würde. Gibt es keinen amtlichen Mietspiegel, kann die Nutzungsentschädigung entweder anhand vergleichbarer Mietobjekte ermittelt werden oder es muss ein Sachverständiger hinzugezogen werden, der die marktübliche Miete für das Haus ermittelt.
Bei der Ermittlung der Vergleichsmiete sind neben dem Zustand und der Größe des Hauses auch besondere Merkmale wie z.B. ein Garten, eine Garage oder eine hochwertige Ausstattung zu bewerten. Wohnt der Miterbe allein in dem Haus, sind auch die laufenden Kosten wie Steuern, Versicherungen oder Instandhaltungskosten zu berücksichtigen.
Trägt der im Haus wohnende Miterbe beispielsweise diese Kosten, die eigentlich auf alle Miterben umgelegt werden müssten, ist eine Reduzierung der Entschädigung in Betracht zu ziehen.
Vermeiden Sie Fehler, die zu einem späteren Zeitpunkt teuer werden.
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Was ist die Nutzungsentschädigung?
Eine Nutzungsentschädigung ist ein finanzieller Ausgleich, den ein Miterbe zahlen muss, wenn er eine geerbte Immobilie allein nutzt, ohne dass die anderen Miterben davon profitieren. Die Nutzungsentschädigung dient dazu, die ungerechte Verteilung der Nutzungsvorteile innerhalb einer Erbengemeinschaft auszugleichen.
Wann entsteht ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung?
Ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung entsteht, wenn ein Miterbe die Immobilie allein nutzt oder nach dem Erbfall ohne Zustimmung der anderen Miterben in die Immobilie einzieht und sie allein nutzt. Auch wenn der Miterbe bereits vor dem Erbfall dort gewohnt hat, aber kein Mietvertrag bestand, kann ein solcher Anspruch entstehen.
Ist eine Nutzungsentschädigung dasselbe wie eine Miete?
Nein, die Nutzungsentschädigung ist keine Miete. Während die Miete auf einem vertraglichen Mietverhältnis beruht, liegt der Nutzungsentschädigung kein Mietvertrag zugrunde. Sie entsteht durch die alleinige Nutzung einer Immobilie durch einen Miterben ohne Zustimmung oder Vorteil der anderen Miterben.
Wie berechnet sich die Höhe der Nutzungsentschädigung?
Die Höhe der Nutzungsentschädigung richtet sich nach der ortsüblichen Vergleichsmiete für ein vergleichbares Objekt. Dabei spielen Faktoren wie Wohnfläche, Ausstattung und Lage eine Rolle. Gibt es keinen Mietspiegel, kann die ortsübliche Miete durch ein Sachverständigengutachten ermittelt werden.
Was passiert, wenn ein Miterbe die Nutzungsentschädigung nicht zahlt?
Zahlt der im Haus wohnende Miterbe die Nutzungsentschädigung nicht, können die anderen Miterben ihn dazu auffordern. Kommt es zu keiner einvernehmlichen Lösung, kann die Erbengemeinschaft den Anspruch auf Nutzungsentschädigung gerichtlich durchsetzen.