Die Erbengemeinschaft – Rechtsanwalt Erbrecht Hannover
Hier erfahren Sie wichtige Informationen zur Erbengemeinschaft
Das Erben ist häufig mit vielen Emotionen verbunden. Nicht nur der Tod einer nahestehenden Person löst dabei Gefühle aus, mit denen es umzugehen gilt, sondern auch die Auswirkungen des Ablebens. In vielen Fällen ist die Erbschaft nicht nur mit einem Vermögenszuwachs und daraus resultierender Freude verbunden, sondern auch mit Konflikten. Meistens streiten dabei mehrere Erben darüber, was wem zu welchen Teilen zusteht. Zu erbrechtlichen Unsicherheiten kommt es dann, wenn der Erblasser seinen letzten Willen nicht mithilfe eines Testamentes geregelt hat oder sich aus dem Testament ergibt, dass mehreren Erben etwas gemeinsam zusteht.
Was ist eigentlich eine Erbengemeinschaft?
Die Erbengemeinschaft ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (kurz: BGB) im § 2032 geregelt. Dort heißt es, dass wenn der Erblasser mehrere Erben hinterlässt, so wird sein Nachlass gemeinschaftliches Vermögen der Erben. Die einzelnen Erben werden dann als Miterben bezeichnet. Solche Miterben können zum Beispiel mehrere Kinder eines Erblassers sein. Auch ein Ehegatte und gemeinsame Nachkommen sind häufig Miterben und bilden eine Erbengemeinschaft. In einigen Fällen muss der genaue Umfang der Erbengemeinschaft erst noch ermittelt werden, da sich nach dem Tod des Erblassers herausstellt, dass es uneheliche Kinder gibt, die auch Erbe geworden sind.
Die Erbengemeinschaft ist eine sogenannte Gesamthandsgemeinschaft. Genau in diesem Umstand liegt auch das große Konfliktpotenzial der Erbengemeinschaft gem. § 2032 BGB. Bei einer Gesamthandsgemeinschaft gehört nämlich der Nachlass bzw. der Teil des Nachlasses erstmal allen Miterben gemeinsam. Jeder Erbe hat also sinnbildlich eine Hand auf dem Vermögen. Dementsprechend müssen wichtige Entscheidungen, die den Nachlass betreffen, auch in Einigung erfolgen. Ein einziger Erbe kann also theoretisch verhindern, dass eine Immobilie veräußert wird, auch wenn die anderen Erben sich darüber einig sind. In der laufenden Verwaltung reicht allerdings die Stimmenmehrheit der Miterben, um es ein wenig zu vereinfachen (§ 2038 BGB).
Ein einzelner Erbe kann überdies nicht alleine über den Nachlass verfügen und etwas daraus auf eigene Faust verkaufen oder verschenken. Bis zur endgültigen Auseinandersetzung und der Auflösung der Gemeinschaft gilt das auch für den ihm zustehenden Teil am Nachlass.
Da die Erbengemeinschaft für die Verwaltung des Nachlasses zeitlich begrenzt ist, ist sie nicht rechtsfähig und kann deswegen keine Verträge im Namen der Gemeinschaft schließen oder jemanden verklagen. Es steht den Erben der Gemeinschaft aber frei, zum Beispiel eine GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) zu gründen, etwa wenn sie geerbte Immobilien vermieten und deshalb auf Dauer bestehen will. Dann ist die Gemeinschaft auch (teil-)rechtsfähig.
Welche Pflichten haben die Erben einer Gemeinschaft?
Zweck der Erbengemeinschaft ist es, das Erbe aufzuteilen. Bis es zur endgültigen Aufteilung der Erbschaft kommt, ist es die Pflicht der Gemeinschaft, den Nachlass zu verwalten. Erben haften gem. § 1967 BGB auch für die Verbindlichkeiten, also die Schulden des Erblassers. Das gilt gem. § 2058 BGB auch für die Erben der Erbengemeinschaft, sie haften alle gemeinsam. Vorher ist es deswegen Aufgabe der Gemeinschaft, den Nachlass zu ermitteln, also herauszufinden, was sich an Vermögen und Schulden darin befindet. Dafür wird häufig ein Nachlassverzeichnis angefertigt, in dem sämtliche Gegenstände, Immobilien und Vermögenswerte erfasst werden. Um diese bei den Banken zu erfragen, ist regelmäßig ein Erbschein vorzuweisen, der beim zuständigen Nachlassgericht beantragt werden muss.
Aus dem Nachlass sind von der Erbengemeinschaft gem. § 1968 BGB auch die Kosten der Beerdigung des Erblassers zu bezahlen.
Mandantenmeinungen
Die Auseinandersetzung des Nachlasses
Unter der Auseinandersetzung des Nachlasses versteht man die Aufteilung des Vermögens und der vermögenswerten Gegenstände auf die einzelnen Erben. Nachdem der Nachlass ermittelt wurde und die Schulden des Erblassers aus dem Nachlassvermögen bezahlt wurden, müssen noch eventuelle Schenkungen des Erblassers an einen der Erben zu Lebzeiten berücksichtigt werden. Der Erbe ist gem. § 2057 BGB dazu verpflichtet, bei Nachfrage Auskunft zu erteilen. Die Schenkungen erhöhen den Nachlass und werden dann von dem Teil des beschenkten Erben abgezogen.
Weiterhin berücksichtigt werden sollten Pflegeleistungen eines Erben. Hat dieser den Erblasser zu Lebzeiten gepflegt oder den Haushalt organisiert, so kann er von den Miterben dafür einen dem Umfang angemessenen Ausgleich aus dem Nachlass verlangen.
Weiterhin werden die teilbaren Gegenstände nach der jeweiligen Erbquote unter den Erben der Erbengemeinschaft aufgeteilt. Dabei ist der zu ermittelnde Wert der Gegenstände (bei denen es sich nicht um Vermögen an sich) ausschlaggebend.
Nicht teilbare Nachlassgegenstände, wie z.B. Immobilien werden häufig verkauft und an der Erlös unter den Erben aufgeteilt. Dafür ist, wie bereits beschrieben, Einigkeit unter den Erben von Nöten. Soll eine Immobilie direkt an einen Erben übertragen werden, so sollte dies notariell beurkundet werden.
Achtung: Es können Erbschaftssteuern anfallen. Diese werden nicht von der Gesamthandsgemeinschaft gezahlt, sondern von jedem Erben einzeln. Davon können aber direkte Kosten aus der Erbschaft, wie die Beerdigung oder die Beantragung des Erbscheins, abgezogen werden.
Die Erbengemeinschaft endet, wenn ihr Zweck erfüllt, also der Nachlass unter den Erben aufgeteilt ist. Die Erbauseinandersetzung ist damit abgeschlossen.
Übrigens: Miterben können ihren Erbteil auch gem. § 2033 BGB verkaufen, z.B. an einen anderen Miterben oder einen Dritten. Die anderen Miterben haben dabei aber ein Vorkaufsrecht. Die Erbengemeinschaft kann auch dadurch enden, dass ein Miterbe die Erbteile der anderen Miterben aufgekauft hat.
Welche Rechte haben die Erben einer Gemeinschaft? Anwalt Erbrecht Hannover
Neben den Pflichten haben die Erben einer Erbengemeinschaft natürlich auch gewisse Rechte, deren Durchsetzung die Pflichten dienen. Neben dem Erbteilsverkauf haben die Erben nach Kenntnis von der Erbenstellung eine sechswöchige Frist, das Erbe auszuschlagen. Das bietet sich an, wenn bereits bekannt ist, dass das Erbe überschuldet ist.
Die Erben haben aus der Erbengemeinschaft auch das Recht, die Nachlassgegenstände zu nutzen und darüber zu verfügen. Wie bereits beschrieben, ist das aber nur im Rahmen einer Vereinbarung mit den anderen Erben der Gemeinschaft möglich. Der Erbe könnte also verpflichtet sein, eine Nutzungsentschädigung an die anderen Erben zu zahlen, wenn er z.B. eine geerbte Wohnung bewohnt, die aber weiterhin im Eigentum der Gemeinschaft steht.
Die Pflicht der Gemeinschaft, Pflegeleistungen bei der Aufteilung des Nachlasses zu berücksichtigen, ist das Recht des Einzelnen, solche Leistungen “anzurechnen”.
Streit vorbeugen – Erbe regeln – Tipps vom Rechtsanwalt für Erbrecht
Im Rahmen der Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft kommt es unter gemeinsam erbenden Familienangehörigen häufig zu teuren und jahrelang andauernden Streitigkeiten. Diese können verhindert werden, wenn der Erblasser es nicht auf die gesetzliche Erbfolge ankommen lässt und auch die gewillkürte Erbfolge möglichst genau regelt.
Neben der Vererbung des Vermögens können einzelne Gegenstände auch vermacht, also im Rahmen eines Vermächtnisses verteilt werden. Vermächtnisnehmer sind selber keine Erben, sondern haben nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Erben.
Im Rahmen eines Berliner Testaments kann der Ehegatte als Alleinerbe eingesetzt werden und ein gemeinsames Kind als Erbe des länger lebenden Elternteils. So erben beide nicht “gleichrangig” und es entsteht keine Erbengemeinschaft.
Die Erbauseinandersetzung kann auch im Testament ausgeschlossen werden, wenn eine Immobilie oder ein Unternehmen bestehen bleiben soll. Die Erben werden Eigentümer, da das Erbe schließlich an jemanden gehen muss, es kann aber keine Auflösung beantragt werden. Dieses Verbot gilt höchstens für 30 Jahre, danach können die Erben sich gemeinsam darüber hinwegsetzen. Aber auch das kann durch den Erblasser verhindert werden, wenn er eine Testamentsvollstreckung anordnet.
Eine Erbengemeinschaft kann Konflikte bedeuten. Die unterschiedlichen Charaktere der Erben verfolgen bei der Auseinandersetzung auch unterschiedliche Ziele. Zur Durchsetzung des einzelnen Interesses kann ein Anwalt im Erbrecht hilfreich sein. Der Rechtsexperte kennt die Möglichkeiten des Mandanten und weiß auch, wie sich diese unter Berücksichtigung einer gemeinsamen Lösung durchsetzen lassen.
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