BGH: Irrtum bei lenkender Ausschlagung des Erbes is kein Anfechtungsgrund

Neues im Erbrecht/Erbrecht Aktuell – BGH IV. Zivilsenat 22.03.2023

Der IV. Zivilsenat des BGH hat Ende März 2023 einen für das Erbrecht wichtigen Beschluss gefasst. Er entschied, dass eine Erbausschlagung, die die Rechtsnachfolge lenken soll, aber auf einem Irrtum über die eintretende Person beruht, nicht im Nachhinein angefochten werden kann. Der BGH entschied damit gegen eine Entscheidung des OLG Düsseldorf.

Aufgrund der rechtlichen Relevanz der Entscheidung stellte der BGH seinem Beschluss einen Leitsatz voran:

 BGB § 119 Abs. 1 Alt. 1; § 1953

Irrt sich der eine Erbschaft Ausschlagende bei Abgabe seiner Erklärung über die an seiner Stelle in die Erbfolge eintretende Person, ist dies nur ein Irrtum über eine mittelbare Rechtsfolge der Ausschlagungserklärung aufgrund anderer rechtlicher Vorschriften. Ein solcher Motivirrtum berechtigt nicht zur Anfechtung gemäß § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB.

Rechtliche Einordnung 

Eine anfallende Erbschaft kann vom vorläufigen Erben innerhalb einer sechswöchigen Frist gem. § 1953 Abs. 1 BGB ausgeschlagen werden. Erbschaften werden aus verschiedenen Gründen ausgeschlagen, z.B. wegen Überschuldung der Erbschaft, weil der vorläufige Erbe nichts mit dem Erblasser zu tun haben will oder weil ein Dritter Erbe werden soll. Die Ausschlagung der Erbschaft fingiert gem. § 1953 Abs. 2 BGB, dass der Ausschlagende nie Erbe geworden ist und an seine Stelle derjenige tritt, der Erbe wäre, wäre der ausschlagende Erbe bereits vor dem Erblasser verstorben.

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Nicole Kleinberg
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bärbel hartleb
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Barbara
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Eine Ausschlagung des Erbes ist grundsätzlich gültig, kann aber unter bestimmten Umständen angefochten werden. Eine Anfechtung kommt in Betracht, wenn gem. § 119 BGB ein beachtlicher Irrtum vorliegt. Dieser kann auch in einem Rechtsfolgenirrtum gesehen werden, wenn also die rechtlichen Konsequenzen einer Willenserklärung (z.B. eine Ausschlagung des Erbes) andere sind, als vom Erklärenden beabsichtigt. Ist die Anfechtung erfolgreich, ist das Erbe vom Erben nicht ausgeschlagen worden und gilt als angenommen. 

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall starb ein Familienvater, ohne eine gewillkürte Erbfolge in Form eines Testaments zu hinterlassen. Seine Kinder schlugen die Erbschaft gem. § 1953 BGB alle aus, um die Witwe und gemeinsame Mutter zur Alleinerbin zu machen. Nachdem die Kinder des Erblassers alle das Erbe ausgeschlagen hatten, stellte sich heraus, dass der Erblasser Geschwister und Halbgeschwister hatte, von denen seine Nachkommen und Witwe nichts wussten. Eltern des Erblassers und deren Nachkommen (also Geschwister des Erblassers) folgen als Erben zweiter Ordnung den eigenen Nachkommen des Erblassers (Erben erster Ordnung). Die “aufgetauchte” Schwester des verstorbenen Familienvaters wurde aufgrund der Ausschlagung der Nachkommen Erbin.

Da sich der ausschlagende Sohn über die Person, die in die Rechtsnachfolge eintreten würde, irrte, wollte er seine Ausschlagung anfechten. Die Anfechtung der Ausschlagung sollte ihn selbst zum Erben machen. Seine Mutter beantragte beim zuständigen Nachlassgericht einen Erbschein, der sie und den Sohn als hälftige Miterben ausweisen sollte. Das damit betraute Amtsgericht wies den Antrag jedoch zurück, da es von einer Unwirksamkeit der Anfechtung der Erbausschlagung ausging. 

Entscheidung des BGH

Der BGH stellte in seiner Entscheidung fest, dass es sich bei dem Irrtum über die Person, die nach der Ausschlagung Erbe wird, nur um einen Irrtum über mittelbare Nebenfolgen aufgrund anderer rechtlicher Vorschriften handelt. Das Gericht kategorisierte den Umstand als Motivirrtum, der unbeachtlich sei und deswegen keine Anfechtung begründet. Unmittelbare Rechtsfolge der Ausschlagung sei der Wegfall der Erbenstellung und der Anfall bei einem Dritten. Darüber herrschte unter den ausschlagenden Nachkommen des Erblassers auch Gewissheit, es kam ihnen bei der Ausschlagung ja gerade darauf an, ihre Mutter dadurch zur Alleinerbin zu machen.

Der BGH begründet die Entscheidung unter anderem mit dem Wortlaut des § 1953 BGB, der die genaue Person des Nächstberufenen nicht nennt. Dies regelt laut BGH die gewillkürte Erbfolge in Form eines auslegungsbedürftigen Testaments (hier nicht vorhanden) oder die Vorschriften über die gesetzliche Erbfolge.

Auch sei laut BGH kein Anfechtungsgrund in dem Umstand zu sehen, dass die Ausschlagung dem Zweck diente, eine bestimmte Person als Erben einzusetzen, während der Wegfall der Erbschaft nur als Mittel dazu diente. Die Rechtsfolge sei weiterhin nur mittelbar und nicht unmittelbar, obwohl sie der Hauptgrund für die Ausschlagung war und damit kein tauglicher Anfechtungsgrund gem. § 119 BGB. 

Neben den genannten Gründen argumentierte der BGH auch, dass die Rechtssicherheit erforderte, die Anfechtungsmöglichkeiten einzuschränken. Der Vonselbsterwerb gem. § 1922 Abs. 1 BGB mündet in einem Schwebezustand, der möglichst kurz gehalten werden soll und durch Annahme oder Fristablauf beendet wird. 

Fazit

Für Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen und ihre Mandanten und Mandantinnen schafft diese Entscheidung des BGH Klarheit. Für (vorläufige) Erben wird es weiterhin in vielen Fällen von Vorteil sein, einen juristischen Experten zu Rate zu ziehen, der sie zu einer in Frage kommenden Ausschlagung der Erbschaft umfassend beraten kann. Anwälte und Anwältinnen im Erbrecht dürften künftig oft von einer “lenkenden Ausschlagung” abraten, da auch Juristen die Beteiligung “versteckter” Familienmitglieder nicht vorhersehen können und eine Ausschlagung im Nachhinein unter diesen Umständen schwer wieder rückgängig zu machen ist.  

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